saisonale Vorlieben und abschiedsgetränkte Befindlichkeiten
Während wir uns hier seit Wochen mit den feinsten lokal angebauten Früchten vollstopfen, sinnt der letzte Rest meiner Heimatverbundenheit den zarten, weißen Stangen nach, die wohl gerade jetzt aus der Erde gestochen werden und auf Millionen von Mittagstischen landen. Anstatt mir aber neidisch auf die Zunge beißen zu müssen, inhaliere ich die klamme Sommerluft, schwelge im Duft Portugals: der allgegenwärtige Note von gebratenem Hähnchen, mit einem Schuss Schärfe. Und laufe ich dann am frühen Abend durch diese Duftwolken, vorbei an den Hausruinen mit vernagelten Fenstern, an Bänken, auf denen portugiesische Opis mit ihren Baskenmützen wie Hühner auf der Stange sitzen und ihren gewohnten Plausch abhalten, während ein unheimlicher Schatten über dem Ort ein Sommergewitter ankündigt und die Sonne es sich trotzdem nicht nehmen lässt, alles in ein goldenes Licht zu tauchen, denke ich: Wahnsinn, mit wie wenig man eigentlich glüklich sein kann.
Ob es die unbedeutende Zahl von verbleibenden Arbeitstagen ist, die an zwei Händen und einem Fuß abzulesen ist oder der nahende Abschied von Joseph, ob es die gerade erfolgte Unibewerbung ist, die die Endlichkeit greifbar macht, oder die Gewöhnung an das In-den-Tag-Hineinleben; das sichtbare Ende steckt in jedem Detail.
Was von nun an mitschwingt, ist die Frage nach dem Fazit: Nicht nur, wenn wir morgen von einem Journalisten der gut reputierten Tageszeitung "Público" befragt werden oder wir unseren Freiwilligendienst mit Texten und Fotos in 2 Wochen ausstellen sollen. Ich glaube, dass die Antwort darauf, was in diesen Monaten hier mit mir passiert ist, was sich langfristig ein- und abgedrückt hat, erst in ein paar Monaten ein stimmiges Bild ergeben wird. Noch aber liegen hier überall verschieden große Puzzleteile herum.
