Eurocamp Blog

Blog-Beiträge aus dem Eurocamp und unserem Freiwilligendienst

„Zeig mir deinen Roetungsgrad, und ich sag dir, woher du kommst“

So richtig zu Hause sein Keine vier Wochen mehr vor Abflug leben wir in einem Portugal, das selbstverständlicher nicht mehr sein könnte. Woche um Woche, Monat für Monat, haben wir es mehr und mehr zu unserem ganz persönlichen Portugal gemacht. Spricht uns eine Restaurantbedienung auf Englisch an, gibt es die Antwort, ohne mit der Wimper zu zucken und in die mit Bequemlichkeit lockende Touristenrolle zu verfallen, auf vielleicht sogar schon passablem Portugiesisch serviert.

Unsere Trefferquote im Touristenraten geht gegen 100. Kleidung, Benehmen und Sonnenbrände erlauben schon von weitem eine gekonnte Analyse, ob es sich um Deutsche, Briten oder Einheimische handelt. Selbstverständlich weisen Joe und ich die hochroten Extremfälle dem jeweils anderen Land zu. Ein Glück, dass wir nach etlichen Sonnenstunden und überwundenen Sonnenbrandrückschlägen nun selbst nicht mehr zu den weißen Laken gehören.

Auf den Landstraßen sind wir zu Hause, und wir können vor Gewöhnung schon im Slalom um die vierbeinigen Verkehrsopfer kurven, bis wieder ein Frisches an neuer Stelle auftaucht. Es vergeht kein Tag, an dem wir unerkannt ans andere Ende des Ortes kommen. Das Fußballlied, was jeden Sonntag Punkt 15.00 Uhr über den Sportplatz durch ganz Messines schallt, haben wir zur Hymne erkoren.

Das anfangs furchteinflößende Haus birgt kein Geheimnis mehr, das wir nicht kennen. Die Butter ist gesalzen und wird das Duschwasser nicht nach spätestens 5 Minuten warm, dann siehts schlecht aus. Der Klopfton verrät sofort, wer vor der Tür steht. Der Strom fällt gern mal im 30- Sekundentakt aus und wenn er wieder angeht, muss jemand runter, und den Alarmton ausschalten. Die Küchenfrauen haben es längst aufgegeben, uns zu Liebhabern der portugiesischen Küche zu machen. Die Speisepläne beten wir im Schlaf herunter und abends verarbeiten wir die für gut befundenen Überreste. Geht es um unsere Privatverpflegung, so bekomme ich von meinem großzügigen Mitbewohner inzwischen wortlos meine Lieblings- Gummibärchenfarben zugesteckt und trinke, ganz die Portugiesin, nur noch stilles Wasser.

Ganz sacht tut sich der Schluss auf, dass es diese Leichtigkeit zu leben ist, auf die ich das ganze Jahr lang hingearbeitet habe und die mir augenblicklich als Lohn für so manche überwundene Ungereimtheit und Befremdlichkeit im vergangenen Jahr verliehen worden ist. Lange hat sich das Band als entweder zu statisch oder wirr durch Raum und Zeit geschlängelt, doch nun kündigt es an, sich dort zu schließen, wo es an einem 7. September um halb fünf nachmittags begann.

Spargel vs. Erdbeeren
Midtermtraining, Atommüll und Dorfleben

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