Hallo ihr Lieben,
Und wieder passiert es erst nach Monaten wieder, dass ich hier meine Spuren hinterlasse. Aber dass ich nicht schreibe, heißt nicht, dass ich nichts Schönes zu berichten habe. Im Gegenteil, mir geht es total gut, würde fast behaupten, es ginge kaum besser. :)
In Orléans hat sich leider nach und nach die Zahl der Freiwilligen von sechs bei meiner Ankunft auf drei halbiert und so schnell wird auch kein Nachschub kommen. Das ist schon ziemlich schade, manchmal wäre es doch interessant, einen neuen Schöpfergeist mit neuen Ideen und anderen Vorstellungen unter sich zu haben. Aber das alles verhindert nicht, dass ich mich ziemlich wohl fühle in meinem Projekt, gut zu tun habe und die „restlichen“ Freiwilligen sich super verstehen und viel gemeinsam unternehmen. Im Moment bewohne ich eine Dreier-WG allein, das ist zwischendurch mal ziemlich praktisch und ganz schöner Luxus. So konnte ich zu Ostern meine Familie direkt in meiner Wohnung beherbergen. Es war total schön, mein Leben hier in Orléans vorzustellen, die Stadt zu zeigen und auch in zwei Gastfamilien von meinem BAFA-Juleica-Praktikum letzten Jahres die typisch französische Esskultur auszuleben. Da meiner Familie Paris, mit dem Zug nur eine Stunde von Orléans entfernt, völlig unbekannt war, gab ich mich einen Tag lang als persönliche Stadtführerin dieser wunderschönen Stadt. Ja, dieser Luxus von 90 Quadratmetern persönlicher Wohnfläche hat aber auch bald ein Ende. Anfang Juni werde ich auf den tollen Blick aus der vierten Etage über die Dächer Orléans zur Kathedrale verzichten müssen und auf die zweite Etage zu den anderen Freiwilligen umziehen. Aber so habe ich auch wieder ein lebendigeres Wohnleben und gleichzeitig freien Zugang zur Waschmaschine ohne immer die Benutzung zu erbetteln. ;)
Vor zwei Wochen habe ich einen tollen deutsch-französischen Austausch betreut. Es kamen 14 deutsche Jugendliche im Alter von 12-17 Jahren nach Semoy, einer kleinen Stadt hier in der Nähe, wo sie von französischen Jugendlichen im selben Alter aufgenommen wurden. Seit Oktober hatten Karine, meine Tutorin, und ich uns jeden Monat einmal mit einer Hand voll Jugendlicher getroffen, um das Programm zu entwickeln und organisatorische Fragen zu klären. So wollten die Jugendlichen verhindern, dass ein Programm von den Erwachsenen erstellt wird, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt. Natürlich half die Städtepartnerschaft auch bei zahlreichen organisatorischen und administrativen Fragen mit, aber es wurde gut zusammengearbeitet. Zwei Theaterpädagogen begeisterten die gesamte Gruppe zum Theaterspielen und so konnte trotz wenig Vorbereitungszeit am Ende ein tolles Theaterstück präsentiert werden, in dem jeder Teilnehmer eine Rolle einnahm. Es wurde kaum mit Sprache gespielt,
viel mehr nutzten die Jugendlichen pantomimisches Spielen, wodurch das Verständnis des Stückes für sowohl deutsch- als auch französischsprachige Teilnehmer einfacher war. Während der Vorbereitung musste natürlich trotzdem mit Worten kommuniziert werden, deshalb kümmerte ich mich mit einer anderen Betreuerin um die Übersetzung. Für mich war das Projekt eine sehr tolle Erfahrung, da ich einerseits als eine der Verantwortlichen den Überblick behalten musste und mit Fragen überschüttet wurde und gleichzeitig auch als Betreuerin tätig war. Beispielsweise bereitete ich mit Karine einen Kennlernnachmittag mit zahlreichen Spielen vor und animierte jeden Morgen die Gruppe mit kleinen Bewegungs-und Sprachspielen, die auch ganz gerne von den Jugendlichen angenommen wurden. Am Ende waren jedenfalls alle Teilnehmer und Betreuer sehr zufrieden und traurig, sich nach so kurzer Zeit schon wieder trennen zu müssen.
Mit einer lettischen Freiwilligen habe ich übrigens eine Umfrage zur Mobilität in Europa entwickelt. Wir haben gemerkt, dass in Frankreich eine ziemlich andere Einstellung besteht, was Auslandsaufenthalte betrifft. Oft werden wir gefragt, ob wir denn nicht das Gefühl haben, durch unser Auslandsjahr ein Jahr zu verlieren und es nicht besser wäre, erstmal unser Studium abzuschließen (bzw. zu beginnen ;) ) Aus dem Grund wollten wir mal ein bisschen tiefer forschen und haben unseren Fragebogen an alle möglichen Universitäten in Frankreich, Deutschland und Lettland verschickt. Wir sammeln noch eineinhalb Wochen Antworten, also falls ihr Student seid und Lust habt, könnt ihr gerne den Fragebogen beantworten. Dankeschön im Voraus. Hier der Link:
https://spreadsheets.google.com/spreadsheet/viewform?formkey=dDBhN25OdEdLTzZqb0hFSFNDSHItNXc6MQ
Ansonsten läuft unser englischsprachiges Café Travel& Talk immer noch ganz gut. Nächste Woche, anlässlich des Europatags bringen wir den Teilnehmern Europa als Ganzes ein Stück näher. Das Café wird schon mein letztes sein, so langsam habe ich das Gefühl, es geht dem Ende unaufhaltsam und rasend schnell zu, dabei habe ich noch vier Monate.
Bis zu meinem Projektende habe ich aber noch einiges vor. Im Juni fahre ich erstmal für eineinhalb Wochen zum Urlaub nach Hause und danach helfe ich bei der Betreuung eines zweiwöchigen Projekts, wo begabte Schüler in einer weniger schulischen Weise an naturwissenschaftliche Aspekte herangeführt werden. Anfang August fahre ich noch mit einer Gruppe von Jugendlichen nach London. Wir haben uns schon ein paarmal getroffen, damit die Jugendlichen sich mit ein paar einfachen Sätzen bei Einkäufen und ähnlichem, selbst verständigen können.
Mein Mid-Term Training habe ich erst Mitte Mai und dazu werde ich mich in den Süden Frankreichs begeben. So viel bin ich übrigens noch nicht gereist, denn hier ist auch ziemlich viel los und ich fühle mich wohl. Das
Weiteste innerhalb Frankreichs war bis jetzt ein schöner Wochenendausflug nach Bordeaux.
Und mein Chor läuft immer noch sehr gut, dank dem Singen hat sich auch dort ein netter neuer Freundeskreis aufgebaut, den es schwer werden wird, zu verlassen. In zwei Wochen haben wir seit Weihnachten wieder unseren ersten Auftritt.
Orléans wird übrigens richtig lebendig. Im Moment sind die Festspiele von Jeanne d'Arc, die als Heldin von Orléans ziemlich groß gefeiert wird, und somit wird die Stadt sogar ein Anziehungspunkt für Touristen. Wir haben Jeanne d’Arc auf dem Pferd durch die Straßen reiten sehen, einen großen Mittelaltermarkt besucht und uns sogar in ein schottisches Konzert getraut. Letzteres war allerdings weniger unser Fall, weshalb wir nach zehnminütigem starkem Durchhaltevermögen unseren Platz dann doch anderen Zuhörern überließen und uns lieber für eine schöne Radtour an der Loire entschieden.
Es wird also nicht langweilig... :)
So, ich habe bestimmt noch ganz viel vergessen, aber ich mache erstmal Schluss.
Ganz liebe Grüße aus dem fast schon sommerlichen Orléans.
Eure Lydia